KI im Coaching – Ethik und Datenschutz

Ethik und Datenschutz

Einleitung

Im ersten Teil des Blogs zum Thema KI im Coaching wurde beschrieben, wie KI die Coaching-Welt verändert und weiter verändern wird. KI-Technologien bieten neuartige Ansätze zur Personalisierung und Effizienzsteigerung im Coaching. Neben den Vorteilen und Mehrwerten bauen sich nun ethische Fragestellungen auf. Dringender als jemals zuvor. Der Umgang mit den Themen Ethik und Datenschutz spielt eine entscheidende Rolle in der Entwicklung und Anwendung von KI-Systemen im Coaching.

Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz bzw. generativer KI bedarf es einer sorgfältigen Bewertung in Bezug auf Wahrung der Privatsphäre. Es braucht klare Kriterien für das Ersetzen menschlicher Interaktion durch KI. Die Herausforderung besteht darin, die Vorteile von KI zu nutzen, während gleichzeitig die menschliche Komponente des Coachings bewahrt und mittels Richtlinien Fehlentwicklungen gegengesteuert werden muss. Diese Überlegungen leiten zu den Themen Ethik und Datenschutz und sie sollen mit einem Blick in die Zukunft von KI-gestütztem Coaching abgerundet werden.

Ethische und datenschutzrechtliche Bedenken kommen nicht erst mit der Künstlichen Intelligenz. Es sind wichtige etablierte Themen, unter deren Berücksichtigung Produkte gewinnen oder verlieren. Oder aber vermitteln. Mit dem Einzug der KI in den Alltag sind beide Themen noch wichtiger geworden, weil die Komplexität in einer exponentiellen Entwicklung wuchert. Für die Anwendungen im Coaching muss die Integrität der Klienten-Coach-Beziehung und die Vertraulichkeit von persönlichen Informationen wie eh und je gewährleistet sein.

Über den Datenschutz hinaus

Der Schutz personenbezogener Daten vor unbefugtem Zugriff und Missbrauch ist eine fundamentale Anforderung. In der Europäischen Union legt beispielsweise die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) strenge Richtlinien für die Erhebung, Verarbeitung und Speicherung von Personendaten fest, die auch für KI-Systeme im Coaching gelten. Doch Ethik in KI-gestütztem Coaching reicht über den Datenschutz hinaus. Es wirft Fragen auf über algorithmische Voreingenommenheit und Entscheidungsfindung – ob die Vorschläge, Prognosen und Einsichten, die eine KI generiert, frei sind von unbeabsichtigten Vorurteilen, die aus den Milliarden von Daten, mit denen sie gefüttert wurde, resultieren können. Wie wichtig die Kontrolle darüber ist, zeigt ein Studienergebnis der UNO-Kulturorganisation Unesco[1], welche zum Schluss kommt, dass KI zu Rassismus, Homophobie und auch Geschlechter-Klischees neige. Beispielsweis würden Frauen viermal häufiger mit Hausarbeit in Verbindung gebracht als Männer. KI-Anwendungen können somit sehr mächtig sein und auf subtile Weise die Wahrnehmung von Millionen von Menschen beeinflussen oder sogar prägen.

Ethische Grundsätze als Basis

Darüber hinaus ist die Frage der Autonomie von Bedeutung: Kann ein KI-gestütztes System wirklich als Unterstützung der Selbstbestimmung des Klienten agieren, oder besteht das Risiko, dass Klienten durch die maschinell vorgeschlagenen Wege in ihrer freien Wahl eingeschränkt werden? Dieser Dialog um die ethische KI-Designphilosophie ist fundamental, um sicherzustellen, dass KI-Coaching-Tools Empowerment fördern und nicht die menschliche Erfahrung trivialisieren oder sogar manipulieren. Die Diskussionen sind im wahrsten Sinne des Wortes lebenserhaltend und kreisen nicht zuletzt um den Sinn des Lebens. Es ist somit unerlässlich, dass KI-Werkzeuge unter strengen ethischen Grundsätzen entwickelt werden. Auch in der Coaching-Branche müssen Coachingverbände die KI-Anwendungen auf ihre Qualität und die Einhaltung von ethischen Richtlinien und Standards prüfen. Richtlinien und Standards dienen dabei nicht nur dem Schutz der Privatsphäre und dem wertschätzenden Umgang mit Informationen, sondern sie sollten immer wieder den Impuls zur kritischen Reflexion darüber, wie und warum KI im Coaching genutzt wird, anregen.

Letzten Endes führt uns die Einbettung von KI in das Coaching zu einer existenziellen Frage: Wie harmonieren Mensch und Maschine in einem Bereich, der traditionell durch menschliche Empathie, Intuition und interpersonelle Dynamiken definiert ist? Die ethische Verortung von KI im Coaching ist somit kein statisches Regelwerk, sondern eine fortwährende, assoziationsreiche Diskussion. Diese reicht tief in die Philosophie des Menschseins hinein, erschliesst neue Dimensionen des Datenschutzes und berührt grundlegende ethische Prinzipien wie Autonomie, Gerechtigkeit und Nichtschädigung. Im Zentrum dieser Auseinandersetzungen steht auch das Verständnis, wie der Mensch als Individuum sich in einer immer stärker von Technologie bestimmten Welt entwickeln kann, während er seine grundlegenden Werte und Qualitäten bewahrt.

Perspektiven und Herausforderungen

Bei allen Freuden und Hypes in Bezug auf die Resultate Künstlicher Intelligenz ist ein Wunsch der Coaches nicht zu übersehen:

Künstliche Intelligenz sollte als eine potente Ergänzung zum traditionellen Coaching gesehen werden und nicht als dessen Ersatz. Es ist entscheidend, die einzigartigen Qualitäten zu erkennen, die menschliche Coaches einbringen – Empathie, ethisches Urteilsvermögen und die Fähigkeit, in Echtzeit auf die emotionale Tiefe menschlicher Erfahrungen zu reagieren. KI-Systeme sind nicht in der Lage, diese menschlichen Nuancen vollständig zu replizieren. Zumindest noch nicht.

Auf der anderen Seite gibt es beachtliche Perspektiven für KI-Anwendungen im Coaching, die nicht zu übersehen sind. Mehr Menschen können zukünftig individuell zugeschnittene Entwicklungsprogramme erhalten. Zeitliche und räumliche Beschränkungen werden minimiert und Coaching-Tools können für ein breiteres Publikum verfügbar gemacht werden. Dazu kommt die Neutralität des Gegenübers, ohne Voreingenommenheit und Potenzial für Übertragungen. Studien belegen einen Zusammenhang zwischen der Bias-Reduktion, d.h. weniger Vorurteile und selektive Wahrnehmung (sog. kognitive Verzerrungen) und dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz und stellen dies als Vorteil gegenüber dem «menschlichen» Coaching dar. [2]

Bei solchen Resultaten bleibt das unverminderte Bedürfnis, ethische Rahmenbedingungen und Datenschutzstandards kontinuierlich zu überprüfen und anzupassen. Denn Sicherheit und Vertraulichkeit in KI-gestützten Coaching-Programmen müssen gewährleistet sein. So vielversprechend das Feld des KI-gestützten Coachings als Ergänzung zum menschlichen Coaching ist, so umsichtig und unerlässlich muss ein ständiger Diskurs über ethische Praktiken geführt werden.

Die Zukunft wird weitere Technologien und Methoden bereithalten, doch liegt es in der Verantwortung eines jeden Coaches, diese Entwicklungen so zu steuern, dass sie das Coaching als eine Kunst und Wissenschaft menschlicher Entwicklung und nicht als eine maschinengesteuerte Aktivität fördern.

Fazit und Ausblick

Zusammenfassend ist zu sagen, dass KI im Coaching eine beeindruckende Brücke bildet, die weitreichende Chancen für Effizienzsteigerung, Zugänglichkeit und Personalisierung mit sich bringt, aber auch berechtigte Risiken rund um Datenschutz, ethische Richtlinien und menschliche Nähe.

Einerseits hat KI das Potenzial, die Coaching-Praxis zu demokratisieren, indem sie Werkzeuge für kontinuierliche und zielgerichtete Coachee-Erfahrung einer breiteren Masse anbietet. Andererseits müssen wir die Bedeutung der menschlichen Intuition, des Mitgefühls und der ethischen Überlegungen bewusst leben und bewahren, die schliesslich Kernstücke jeder Coaching-Interaktion sind.

Die Vision für die Weiterentwicklung des Coachings durch KI verheisst jedoch eine reiche Fusion aus Mensch und Technologie, in welcher KI-Systeme den Coaches als kluge Assistenten zur Seite stehen, während sie selbst weiterhin die Rolle des vertrauensvollen Mentors innehalten. KI könnte zur Entstehung neuer Coaching-Modelle führen, die eine Feinabstimmung zwischen persönlicher Betreuung und algorithmischer Unterstützung bieten. Dadurch können Klienten von einem 360-Grad-Entwicklungsansatz profitieren.

Kontinuierliche Forschung ist unerlässlich. Forschung, die sowohl die Wirksamkeit als auch die Auswirkungen von KI-gestützten Systemen im Coaching überprüft. Die Erforschung und Entwicklung von KI, die nicht nur datengetrieben arbeitet, sondern auch ethische Entscheidungen treffen und sich kontextbewusst anpassen kann, wird ebenso Teil der Forschung sein.

Letztlich stehen die Entwickler und Anbieter sowie die Klienten als Nutzer von Coachingdiensten vor der Verantwortung, das Gleichgewicht zwischen technologischer Innovation und dem Bewahren der menschlichen Komponenten sorgfältig auszutarieren.

Sofern diese Balance erreicht wird, eröffnet sich eine Zukunft, in der KI-gestütztes Coaching ein leistungsfähiges Instrument zur persönlichen und beruflichen Entwicklung darstellt. Dabei werden das Menschliche und die Lebenswerte nicht preisgeben. Es gibt nichts Wichtigeres.

[1] Voigt, Eric: KI-Anwendungen bedienen laut Unesco Geschlechtersterotype. ZEIT ONLINE. 7.03.2024. Aufgerufen am 13.03.2024.

[2] Subhadarshini, Sonam: The Future of Performance Management: Leveraging Ai for Better Feedback and Coaching. Journal of Informatics Education and Research, Vol 4/2, 2024. Aufgerufen am 13.03.2024.

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